Leseprobe Jahresbericht 2013: "Statt eines Fallbeispieles..."

Guten Tag, ich bin der Neue! Mein Name ist Philipp Ahlers und ich arbeite seit April 2013 im Sozialtherapeutisch betreuten Wohnheim für junge Männer in Wetzlar.
Mein Arbeitsbereich ist sehr vielfältig. Neben der ‚face - to - face - Betreuung’ ist eine meiner Aufgaben die Büroarbeit. Darunter fällt die Führung der Bewohnerakten, die Auseinandersetzung mit den jeweiligen Kostenträgern, um die Kosten der  Hilfe zu klären, z.B. wer welchen Bedarf oder Anspruch hat, also Anträge wie ALG I und II oder auch BAB (Berufsausbildungsbeihilfe). Ergänzend schreiben wir mit jedem Bewohner einen Hilfeplan, um diesen Bedarf darzulegen. Es gibt viele  unterschiedliche Anforderungen (bspw. auch Schuldenregulierungen), da unsere Bewohner vielschichtige Probleme haben und damit verbunden die entsprechende Unterstützung benötigen. Kein Tag ist wie der andere, und immer wieder gibt es neue Situationen und Herausforderungen!
Die Hauptaufgaben sind natürlich die Gespräche mit den Bewohnern und deren Begleitung im Alltag. Auch hier gestaltet es sich ebenfalls sehr vielfältig. Da die Bewohner unsere Einrichtung nach einer gewissen Eingewöhnungsphase meist als ihr
„Zuhause auf Zeit“ betrachten, wird im Wohnheim über alles gesprochen, was ihnen so durch den Kopf geht. Da kommt es schon mal vor, dass sehr private Themen erörtert werden - neben den Angelegenheiten, die ihre berufliche oder schulische Lebenssituation betreffen. Ich war positiv überrascht, welchen „Rollen - Mix“ ich einnehmen muss, um den verschiedenen Bereichen gerecht zu werden. So befinde ich mich regelmäßig in den Rollen als pädagogischer Mitarbeiter, Begleiter oder Ratgeber, Familienersatz und was sonst noch so benötigt wird.
Ganz wichtig ist, das Klima innerhalb der Wohngemeinschaft nicht aus den Augen zu verlieren. Es kommt öfter zu Reibereien, da hier ganz unterschiedliche Menschen zusammengewürfelt unter einem Dach bzw. Tür an Tür leben. (Ich persönlich finde es auf - regend zu erleben, wie die Bewohner auftretende Unstimmigkeiten miteinander klären). Um einem negativen Wandel dieses Klimas vorzubeugen, wird einmal pro Woche eine Gruppenversammlung durchgeführt, die einen Raum  schafft, um Dinge, wie Hausämter, Einhaltung der Ruhezeiten, Sauberkeit in den Gemeinschaftsräumen und sonstiges zu besprechen.
Als sehr hilfreich und entlastend dabei empfinde ich die Rückenstärkung durch den direkten Austausch mit meinem Kollegen in Wetzlar, Teamsitzungen mit den Kollegen des Wohnheims in Gießen, unserer pädagogischen Leitung sowie kollegiale  Beratung und Supervision. Ein Tagesablauf gestaltet sich oft schwierig, und es ist nicht immer möglich, die komplexen Probleme der Bewohner sofort zu lösen. Da ist es eine große Bereicherung, den Austausch innerhalb des Teams als Option im Hinterkopf zu haben, um eine an gemessene Strategie zu entwickeln. Das sorgt in letzter Konsequenz für ein angenehmes Arbeitsklima, und ich fühle mich dadurch bei der AKTION – Perspektiven e.V. sehr wohl. Für mich persönlich war es eine  gute Entscheidung, hier zu arbeiten. Da die Einrichtung überschaubar ist, erledigen wir fast alles in Eigenregie. Darunter fällt auch, das Haus in einem möglichst guten Zustand zu halten. Arbeiten, wie Lampenwechsel, Putzen, Aufräumen oder  Müllentsorgung werden eigenständig gemacht, für größere Reparatur - und Instandsetzungsarbeiten ist unser vereinseigener Betriebshandwerker zur Stelle.
Ich empfinde es als sehr positiv, Freiraum in der Gestaltung unserer Arbeit zu haben, was einerseits ein Maß an Verantwortung bedeutet, andererseits aber auch einen festen Rahmen der beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung ermöglicht.